Wie sich die aktuellen Einsparungen konkret auf Menschen mit Beeinträchtigungen und ihre Familien auswirken können, damit ist die Miteinander Familienberaterin Mag.a Nicole Keplinger – Sitz täglich konfrontiert. Und es wird merkbar schwieriger für Menschen mit Beeinträchtigungen.

Zur besseren Veranschaulichung haben wir alltägliche, konkrete Beispiele zusammengestellt.

Sonja:

Sonja schnürt es die Kehle zu, wenn sie derzeit die Nachrichten verfolgt. Wenn die Regierenden ihr Ziel, die Notstandshilfe abzuschaffen tatsächlich in die Tat umsetzen, dann verliert sie auch diesen so wichtigen sozialversicherungsrechtlichen Anker.

Sonja ist alleinerziehende Mutter einer Tochter. Das Mädchen hat seit seiner Geburt eine schwere Beeinträchtigung und ist Sonja mit der Betreuung ganz auf sich gestellt. Seit Jahren kämpft sie gegen die Arbeitslosigkeit an. Die einzig verlässliche Konstante in ihrem Leben sind die finanziellen Sorgen.

Der nun angekündigte Wegfall der Notstandszahlungen trifft sie massiv. Zum einen wird sie die nur eine sehr geringe oder gar keine Mindestsicherung erhalten, da das Pflegegeld ja als Einkommen qualifiziert wird. Die Einkommenseinbußen werden existenzbedrohend sein und es steigt der Druck der Behörden auf die Mutter sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Gleichzeitig gelingt es ihr kaum, eine entsprechende Betreuung der Tochter zu organisieren, um auch am Arbeitsmarkt bestehen zu können.

Dringende Hilfsmittel müssen angeschafft werden. Ein Umbau des Bades muss auch finanziert werden. Wie soll das gelingen?

Ständig scheint es, muss sie sich vor den Behörden für die Beeinträchtigung der Tochter rechtfertigen. Es ist genug! Sie kann nicht mehr!


Georg:

Traurig sitzt Georg in seinem Rolli. Vor einigen Jahren noch, war er noch voll Zuversicht. Nach langem Warten war es ihm endlich gelungen eine Büroanlehre zu beginnen. Sehr viel hat er in dieser Zeit gelernt. Er füllte sich gebraucht und sein Selbstbewusstsein wuchs mit den Anforderungen, die an ihn tagtäglich gestellt wurden. Zudem war er auch sozialversicherungsrechtlich abgesichert.

Dann, das Ende der Ausbildung. Trotz intensiver Suche nach einem passenden Arbeitsplatz, erhielt er bislang nur Absagen. Auch das AMS macht ihm wenig Hoffnung auf eine Anstellung. Ein Algorithmus berechnet neuerdings die Vermittlungschancen.

Die Motivation und anfängliche Zuversicht weicht immer mehr der Verzweiflung.

Derzeit bezieht er Notstandshilfe….aber wie lange noch?! Die Regierung will diese Leistung streichen. Stattdessen sollen diese Menschen um Mindestsicherung ansuchen.

Ihm graut davor, wieder gänzlich in die finanzielle Abhängigkeit der Eltern zu geraten.

Im graut davor, um Mindestsicherung anzusuchen.

Die vormals große Hoffnung ist nun der Sorge um ein selbstbestimmtes Dasein gewichen.

Eigentliche wünscht er sich nichts sehnlicher als einen Arbeitsplatz…sonst nichts! …nur eine ARBEIT!

 

Diese beiden Schicksale zeigen auf eindrückliche Weise, wie angewiesen Menschen mit Beeinträchtigung bzw. die pflegenden Angehörigen auf ein solides soziales Fundament sind.

Welchen Hintergedanken verfolgen Machthaber, wenn sie diesen Menschen Ressourcen wie den Notstandsbezug streitig machen und Lebensgrundlagen in Frage stellen.

Diese willkürlich anmutende Streichung erschüttert die Glaubwürdigkeit in den Sozialstaat jedenfalls.

Bezieher der Notstandshilfe werden zudem als Schmarotzer und „Hängemattenbenützer“ diffamiert.

Ein großer österreichischer Staatsmann hat einmal sehr treffend formuliert, dass es Aufgabe der Politik ist, den Menschen die Angst vor Krankheit, sozialer Ausgrenzug und Arbeitslosigkeit zu nehmen. Derzeit wird diese Angst von Politikern geradezu befeuert.

Ein Paradigmenwechsel scheint eingeläutet worden, der die sprichwörtliche Spreu vom Weizen trennen soll. So gilt es die Fleißigen von den vermeintlich Faulen, die Leistungsfähigen von den sogenannten Unwilligen zu trennen.

Ein fatales Signal, dass die Regierenden an Menschen mit Beeinträchtigung, an kranke Menschen und an Pflegebedürftige aussenden.

Der Wegfall des Notstandes wird für die Allermeisten einen kaum verkraftbaren Einkommensverlust bedeuten. Zudem droht der Verlust wichtiger Pensionszeiten. Selbst die Krankenversicherung muss neu organisiert werden.

Notstandsbeziehern und -bezieherinnen pauschal mangelndes Engagement zu unterstellen, zeugt von Empathie- und Ahnungslosigkeit.

So offenbart das Beenden des NOT-STANDES auch gleichfalls das Ende des AN-STANDES derer, die ihn eliminieren.